100 Jahre Volksfest Badenfahrt - ein Rückblick auf die Jubiläumsveranstaltung in der Schweiz


Die „Badenfahrt“ zählt zu den größten Volksfesten in der Schweiz. Sie findet nur alle zehn Jahre statt. Seit den 70-er-Jahren gibt es im Rhythmus von fünf Jahren eine sogenannte „kleine Badenfahrt“. In diesem Jahr wurde zehn Tage lang im August unter dem Motto „NEO“ das 100-jährige Bestehen gefeiert: Ein Rückblick auf die Geschichte genauso wie ein Blick in die Zukunft der Badenfahrt:

Ursprung der Badenfahrt

Der Begriff „Badenfahrt“ ist erklärungsbedürftig, denn er sorgt bei vielen für Irritationen. So war es nicht die erste Eisenbahnlinie der Schweiz, die 1847 von Zürich nach Baden führte, die sogenannte Spanisch-Brötli-Bahn, die mit der Badenfahrt etwas zu tun hatte. Der Zürcher Literat David Hess beschrieb in seinem 1818 erschienenen Buch „Die Badenfahrt“, die Geschichte des Kurorts, seiner Bäder und der damit verbundenen Vergnügungen seit der Römerzeit.

Denn die Römer zelebrierten die Badekultur und schätzten die Thermalquellen an der Limmat schon lange bevor der europäische Adel sowie die Oberschicht der Eidgenossen im Spätmittelalter die Vorzüge eines Kuraufenthaltes in Baden für sich entdeckten. 

Es gibt aber noch ein anderes Ereignis, welches bei den Ur-Badenern als Ursprung für die erste Badenfahrt angesehen wird: Der Friedenskongress von 1714 zum Ende des Spanischen Erbfolgekrieg zwischen den Habsburgern und den Bourbonen, bei dem der Friede von Baden geschlossen wurde. Im Zeichen des Aufbruchs feierte man ein großes Fest, welches "Badenfahrt" genannt wurde. In den damals unsicheren Zeiten standen die gemeinschaftlichen Aktivitäten der Einwohner von Baden im Vordergrund, die auch heute noch die Keimzelle der Festivitäten sind.

Während zehn Tagen herrscht Ausnahmezustand in der Stadt


In der Stadt entsteht eine zweite Stadt, mit verschiedenen Musik- und Theaterbühnen, einer Kinder- und Jugendwelt, Beizen (Schankwirtschaften), Installationen u.v.m. Das Besondere: Die Einwohner von Baden und den benachbarten Gemeinden, viele von ihnen in Vereinen organisiert, planen, bauen auf, schmücken – alles freiwillig.

Live-Musik auf einer der zahlreichen Bühnen
 

Kinder werden von ihren Eltern zum Fest mitgenommen, dann werden sie älter, erleben die nächste Ausgabe im Teenager-Alter und nehmen Jahre später an der Badenfahrt mit eigenen Kindern teil – so schließt sich der Kreislauf und die Identifikation mit dieser Tradition wird von Generation zu Generation weitergegeben. Der Luna-Park ist auch ein fester Bestandteil des Festprogramms. Im Jubiläumsjahr wurde die große Parkfläche „Verenaäcker“ gegenüber der Villa Langmatt bespielt. 

Kreative Bauten aus Holz auf der Badenfahrt


Höllenblitz ist die Attraktion des Luna-Parks

Fährt man mit dem Zug aus Richtung Basel nach Baden, fällt einem in der Kurve der Bahnstrecke kurz vor dem Badener Bahnhof eine Attraktion auf, welche besondere Dimensionen aufweist, nämlich eine Fläche von 49 x 29 Metern und einen großen Teil des Areals einnimmt: der Höllenblitz, die größte reisende Indoor-Achterbahn der Welt. 26 Transporte haben sich von Deutschland auf den Weg in den Kanton Aargau gemacht.

Reto Huber, Mitglied des Organisationskomitees und verantwortlich für die Planung der Infrastruktur, zu der auch der Luna-Park gehört, konnte mit diesem Fahrgeschäft ein Highlight im Jubiläumsjahr engagieren.

 

Besuchermagnet bei der Badenfahrt 2023: der Höllenblitz

Noch ein Hingucker war der 80 Meter hohe Freifallturm „Lion Tower“ der von Hans-Peter Maier, einem der bekanntesten Schweizer Schausteller betrieben wird. Am höchsten Punkt angekommen, dreht sich die Plattform langsam, die Aussicht über die Stadt Baden und das Umland ist atemberaubend schön! Neben dem Freefall-Tower ist Maier ebenso mit dem Riesenrad „Around the World“ vertreten. Bei einer Fahrt kann man den Blick über Baden aus einer anderen Perspektive genießen.

Nervenkitzel: 80 Meter freier Fall


Fahrgeschäft von Hans-Peter Maier

 

Freddy Zinnecker ist auch aus Deutschland angereist und bringt mit seinem Laufgeschäft „Freddy‘s Circus“ Action und Spaß für die ganze Familie. Wer es gerne über Kopf mag, ist bei Maxximum 2 (Mondial, Typ Capriolo) des Schweizer Schaustellers Jolliet und bei dem Loop Fighter „Der Burner“ von Technical Park (Bauer, CH) bestens aufgehoben. Der Klassiker unter den Rundfahrten „Twister“, Tagada, der mit dem sogenannten deutschen Hopser artverwandt ist und der Auto-Scooter durften neben diversen Kindergeschäften natürlich auch nicht fehlen. 

 

Im Interview: Schausteller Hans-Peter Maier

Anlässlich des Jubiläums der Badenfahrt sprachen wir mit Hans-Peter Maier, der zu den größten und bekanntesten Schaustellern in der Schweiz gehört:

 


Was verbinden Sie persönlich mit der Badenfahrt und wie lautet ihr Resümee?

Zum ersten Mal war ich mit acht Jahren als Schaustellerkind auf der Badenfahrt, in diesem Jahr kann ich auch ein Jubiläum feiern, denn ich bin seit 50 Jahren ohne Unterbrechung mit dabei. Dieses Fest ist etwas ganz Spezielles für die Schweizer, und diesmal gibt es einen guten Mix von Fahrgeschäften, insbesondere der Höllenblitz hat viele Leute angezogen. Das Wetter war in den ersten Tagen zu heiß, zum Endspurt war es ziemlich regnerisch. Ich bin insgesamt absolut zufrieden, denn der Zuspruch der Besucher ist einfach sensationell.  

Was ist das Besondere an der Badenfahrt?

Die Aargauer (Badener) nehmen sich zwei bis drei Wochen vor und für zehn Tage während des Festivals frei. Die meisten sind in Vereinen organisiert, um die aufwändigen Bauten, in eigener Arbeit zu planen und fertig zu stellen. Die Öffnungszeiten sind außergewöhnlich, in den zehn Tagen ist an zwei Tagen unter der Woche bis 02.00 Uhr und an den Wochenenden sogar bis maximal 04.00 Uhr morgens geöffnet. Der Luna-Park findet immer an unterschiedlichen Standorten statt.

Wie unterscheidet sich das Schweizer Kirmespublikum von dem in Deutschland?


Die Schweiz ist ein kleines Land, dementsprechend sind die Kirmesveranstaltungen in Deutschland wesentlich größer. Es gibt eine große Tradition von Volksfesten. Kulinarisch ist Deutschland einfach spitze, mit diesen großen Haxen usw., da sind absolute Profis am Werk und getrunken wird auch mehr. 

Welche Neuigkeiten können die Kirmes-Fans im nächsten Jahr von Ihnen erwarten?


Der Freifallturm „Lion Tower“ wird höchstwahrscheinlich gegen Ende des nächsten Jahres nach England verkauft. Eine Neuanschaffung ist geplant, um welches Fahrgeschäft es sich dabei handelt, ist aber noch top Secret. In der kommenden Spielzeit ist eine Riesenrad-Tournee auf Schweizer Volksfesten in Form einer Kooperation mit dem niederländischen Schausteller Akkerman geplant. 

Schweizer Schausteller-Größe: Hans-Peter Maier


September 2023. Autor: Dominik A.J. Sourek
Copyright Fotos: Sourek/LAURUS Magazin




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